Lilli Mixich ist mit 62 Jahren allein auf ihrem Herzenskontinent Afrika unterwegs. Mit ihrem Toyota Landcruiser brach sie 2016 in Tansania auf, um sich auf ein spannendes Abenteuer zu begeben. Unerfahren ist sie dabei nicht. Schon früh begann sie mit dem Reisen und wurde ebenso früh mit dem unter Reisenden bekannten Afrika-Virus infiziert. Seit dem zieht sich das Nomadendasein wie ein roter Faden durch ihr Leben. Was sie dabei so erlebt und vor welche Herausforderungen sie das Leben und Reisen durch Afrika stellt, erfahrt ihr in diesem Interview.

Damit beginnt unsere Interview-Reihe in der Kategorie „Stories“ und wir freuen uns, die Serie mit solch einer interessanten und tollen Persönlichkeit wie Lilli zu starten. Freut euch auf spannende Geschichten von ihr und vielen weiteren Mitgliedern unserer Community!

  • Name: Lilli Mixich
  • Spitzname: Lilli Pilli
  • Geboren: 1957 in Bad Reichenhall
  • Wohnhaft: Wo immer ich parke, seit 2001 permanent im Fahrzeug lebend.
  • Aktuell auf Reisen: Seit 2016 unterwegs durch Afrika. Aktuell Mosambik
  • Reisefahrzeug aktuell: Toyota Landcruiser BJ 1988
  • Weitere Reisefahrzeuge: Landrover 109, Magirus Deutz LKW, Toyota Landcruisers, Hymer Camper
  • Lieblingskontinent: Afrika
  • Blog: www.lilli-to-go.com

„Ich liebe die Privatsphäre meiner kleinen Nussschale um mich und fühle mich nirgends wohler als im Toyo hier in Afrika auf meinem Herzenskontinent.“

Lilli, wie bist du ursprünglich zum Reisen gekommen? Was hat dich inspiriert?

Reisen lag mir schon immer im Blut. Ich hatte das Glück schon mit 19 in einer Partnerschaft zu landen, wo wir gemeinsam diese Reiseleidenschaft entwickeln und ausleben konnten. Vor allem das Reisen in einer Art Camper – es fing klein an im VW Käfer Cabriolet mit Zelt – sprach mich voll an. Damals, Ende der Siebziger, gab es zwei Richtungen für Autotouristen: Indien oder Afrika. Wir entschieden uns für Afrika und auf meiner ersten Reise nach Marokko 1978 muss ich mich mit dem Afrika-Virus infiziert haben, den ich nie wieder los geworden bin. Gemeinsam eroberten wir in immer länger werdenden Urlauben die Sahara in Nordafrika und die Sahelzone in Westafrika. Das bunte und quirlige Westafrika war ein Augenöffner für mich und machte uns neugierig auf mehr…

Mehr und eine Reise mit offenem Ende wurde es dann Ende der Achtziger. Mit unserem 1979 neu gekauften Landrover 109 tingelten wir 3 Jahre durch Afrika, damals durch Zentralafrika und Zaire (Kongo) gen Süden bis Kapstadt und auf der Ostroute über Kenya und Ägypten wieder nach Europa. Danach stand fest: wir wollen nicht mehr in Deutschland leben. Und so wanderten wir nach Südafrika aus.

Alltagsleben in Johannesburg war dann doch nicht so meins, während er sich wohl fühlte und Karriere machte, fühlte ich mich festgenagelt und unfrei. Wie dem so ist, die Liebe schlug wieder zu, ich ging zurück nach Deutschland.

Eine nächste Langzeitbeziehung folgte erneut mit der Prämisse Reisen und Reisen leben. Wir starteten einen Fahrzeugbaubetrieb, bauten unser eigenes Expeditionsmobil auf und aus, und verbrachten die wenige Zeit, die einem Selbstständigen bleibt in Europa und wieder Nordafrika. 2001 entschieden wir uns, nicht mehr die Aussteigerträume anderer in Form von Expeditionsmobilen in die Realität umzusetzen, sondern selbst wieder auf unbestimmte Zeit zu reisen. Wir lösten unsere Wohnung und Firma auf und zogen in den LKW…

Ziel war eigentlich Indien, aber wie dem so ist, es kam alles anders als gedacht und plötzlich waren es 3 Fahrzeuge auf 3 Kontinenten, das Magirus Deutz Expeditionsmobil in Europa, ein Toyota Landcruiser HJ47 in Australien und ein Toyota HJ60 in Afrika/Tansania.
10 Jahre waren wir zusammen auf Reisen, aber (leider), das leider setze ich jetzt bewusst in Klammern, konnten wir unsere Beziehung nicht aufrechterhalten und so stand ich mit 55 plötzlich alleine da.

Was tun? … zurück in meinen erlernten Beruf als Pharmazeutisch-Technische-Assistentin, die nächsten 12 Jahre bis zur Rente morgens in eine Apotheke und abends wieder zurück? Das Leben konnte ich mir nicht mehr vorstellen. Also, die letzten Ersparnisse zusammen gekratzt, schweren Herzens vom „luxuriösen“ grossen LKW in einen für mich passenden VW-Bus umgezogen. Bis dato war ich fast noch nie selbst Auto gefahren, hatte zwar einen Führerschein, aber doch immer die genialen Chauffeure, denen das Fahren abseits gut erschlossener Strassen einen riesen Spaß machte.

Nach dem ersten kalten und ungemütlichen Herbst in Deutschland und meiner „Flucht“ zum Überwintern in Tansania, wo ich gute Freunde und Arbeitsmöglichkeiten gefunden hatte, wurde es dann ein kleines Hymer Wohnmobil mit festem Bett im Alkoven und wenigsten so viel Wohnraum, dass ich 3 Schritte vom Bett zum Klo machen konnte und auch endlich wieder genug Stauraum hatte und nicht aus Reisetaschen leben musste.
Ja und damit ging ich dann auf eine erste grössere Reise, über den Balkan und zum Überwintern in Griechenland. Während dieser Reise fand ich das Zutrauen zu mir selbst, dieses Leben weiterleben zu können.

Aktuell fährst du mit deinem Toyota allein durch Afrika und befindest dich gerade in Mosambik. Wie kam es dazu?

Ja und nun sitze ich in meiner „Scheidungsmasse“, dem tansanischen Toyota Landcruiser in Mosambik am Strand, wo dieser Beitrag in die Tasten fliesst. Im November 2016 habe ich ihn nach langer Standzeit mit entsprechenden Schäden wieder reaktiviert, musste einiges an Lehrgeld bezahlen und viel, viel lernen und Vertrauen gewinnen.
Seit dieser Zeit sind wir unzertrennlich geworden, die Nächte an denen ich in einem Haus schlief, kann ich an den Händen abzählen. Ich liebe die Privatsphäre meiner kleinen Nussschale um mich und fühle mich nirgends wohler als im Toyo hier in Afrika auf meinem Herzenskontinent.
Für mich ist es auch jetzt nicht mehr ein Reisen an sich, als vielmehr ein nomadisches Leben in den Regionen wo ich mich am wohlsten fühle. Ich kenne ja schon fast alle Länder in Afrika und muss nichts mehr abhaken.

Leider werden die Visa- und Aufenthaltsbeschränkungen in Afrika zunehmend rigoroser und man kann nicht mehr endlos lange in den Ländern der Wahl bleiben. So versuche ich meine Visazeiten von meistens 3 Monaten in einem Land auszunutzen und mich in dieser Zeit an Plätzen aufzuhalten an denen ich mich zu Hause auf Zeit fühlen kann. Das können mehrere Tage, aber manchmal auch mehrere Wochen sein.

Und die Monate vergehen wie im Flug. Seit ich im November 2016 in Tansania gelandet bin und erst mal ein paar Monate dort mit meiner Arbeit als Lodge-Managerin vergingen, hatte ich Kenia, Uganda, Kenia, Tansania, Sambia, Simbabwe, Botswana, Namibia, Südafrika, Swaziland und nun Mosambik auf meiner Route.

„Was ist das Besondere an Afrika? Ich meine auf keinem anderen Kontinent sind wir so nah an unserem menschlichen Anfang.“

„Das hier ist aber mein absoluter Lieblingsplatz in Kenia an der Küste des Indischen Ozeans, wo ich mich gut und gerne mehrere Monate aufhalten kann.“

Im Steckbrief hast du uns Afrika als deinen Lieblingskontinent genannt. Was gefällt dir an Afrika besonders?

Mein Herzenskontinent ist einfach Afrika und hier besonders das östliche und südliche Afrika.
Was ist das Besondere an Afrika? Ich meine auf keinem anderen Kontinent sind wir so nah an unserem menschlichen Anfang. Ein Blick auf die unendlichen Savannen im Osten Afrikas führt mich in eine Art Ursprünglichkeit zurück, zu der Zeit wo vielleicht der erste Mensch von den Bäumen ausgezogen ist, die Welt um sich zu entdecken.

Und ich liebe die Wildnis und die Tiere in Afrika. Hinter jedem Busch kann etwas lauern.
Es ist wie eine Art Nervenkitzel, jederzeit und überall warten Überraschungen.

Gerade deshalb versuche ich soviel wie möglich in Nationalparks oder in der freien Wildbahn zu übernachten.
Was braucht man mehr als einen Blick auf unberührte Natur morgens beim Aufwachen.

Verfolgt man dich in den sozialen Medien, sieht man immer wieder auch Pannen, die du mit deinem Toyota meistern musst. Wie zufrieden bist du mit deinem Reisefahrzeug?

Ich denke, man sollte immer das Beste aus seiner Situation machen. Deshalb ist eines meiner Mottos:

Start where you are – Use what you have – Do what you can

Beginne dort wo du stehst:
Mein Startkapital für diese Reise war nun einmal der gute alte Toyota Landcruiser, Baujahr 1988. Meine finanziellen Möglichkeiten lassen es mir mental nicht zu ein „besseres“ Reisemobil zu erwerben. Ich kenne den Toyo, wie ich ihn liebevoll nenne, nun seit 2003, als ich ihn noch mit meinem Exmann zusammen gekauft hatte. Das an sich ist schon eine sehr gute Voraussetzung Vertrauen in ein Gefährt zu setzen.

Benutze was du hast:
Ich fahre ihn und muss halt schauen was kommt. Geländewagen, die in Afrika gelaufen sind haben so einiges hinter sich, keiner weiß zB wie viele Kilometer der Toyo auf dem Buckel hat.

Tue alles was du kannst:
Ich versuche einfach den Toyo mit meinen Mitteln so gut es geht in Schuß und in einem guten technischen Zustand zu halten. Da ich es nicht selber reparieren kann, muss ich schon viel Geld für Instandhaltung und Reparaturen ausgeben. Aber es ist besser einen Tausender hier und ein paar Hunderter dort auszugeben, als ein „neues/altes“ (denn im afrikanischen Busch fährt man keine neueste Elektronik)“ Fahrzeug anzuschaffen und danach Pleite zu sein. So vergesse ich ganz schnell, was ich ihm „spendieren“ musste, denn er ist mein Zuhause, mein Heim auf 4 Rädern und er gibt mir die persönliche Freiheit auf meinem Lieblingskontinent mit diesem selbstgewählten Lebensstil unterwegs und ungebunden zu sein. Die mentale Beruhigung alles getan zu haben was ich vermag ist die Voraussetzung dafür, technischen Rückschläge und Pannen mit Gelassenheit zu begegnen.

Insofern bin ich sehr zufrieden mit ihm. Obwohl, das muss ich zugeben, mich alles technische am Fahrzeug sehr stresst, dies ist meine größte Herausforderung, meine ständige unterschwellige Angst und hat mir die meisten schlaflosen Nächte beschert. Auf der anderen Seite habe ich dadurch so viel gelernt und mich sehr weiterentwickelt.
Heute lasse ich meinen Toyo bei keiner Reparatur aus den Augen und vertraue lieber mir selbst und meinem auf langen Jahren Reiseerfahrung basierendem Wissen als dem Rat mancher wohlmeinender Mechaniker, die den Toyo zum ersten Mal vor sich haben.

„Mein Tacho geht schon lange nicht mehr (das Instrument gäbe es nur noch aus einem Schrottwagen) und ich denke auch, dass die Kilometer beim Verkauf zurück gesetzt wurden. Seit ich damit gestartet bin, habe ich schon 2 Mal eine grössere Motorreparatur gehabt. Kaputter Kühler, A-Säule gebrochen, Dieselpest, Anlasser und Lichtmaschinen Schaden… und und und.“

Gab es schon mal Situationen, wo es brenzlig für dich wurde oder an denen du verzweifelt bist?

Meine letzte grössere Motor Reparatur in Windhuk in Namibia hat mich schon kurze Zeit in Verzweiflung gestürzt. Da musste ich zum ersten Mal meinen Toyo verlassen und in der Werkstatt zurücklassen. Es war einige Zeit unsicher, ob ich das richtige Ersatzteil bekommen werde, wie und wann?
Ich kann schlecht mit Veränderungen umgehen und sah mich schon den Toyo aufgeben zu müssen. Das hat mich kurzzeitig aus der Bahn geworfen. Aber irgendwie geht es immer weiter und es war auch hier so.
Dass es immer irgendwie weitergeht ist eigentlich die Quintessenz meiner langjährigen Reiseerfahrung, aber manchmal verlässt einen der Glauben daran. Das sind dann die weniger schönen Momente der Verzweiflung.

Und obwohl ich es weiss, ist dann bei mir oft das Glas nur halbvoll, leider habe ich keinen angeborenen Optimismus, muss diesen mit meinem starken Willen, Durchhaltevermögen und Sturköpfigkeit kompensieren.

Gibt es Begegnungen mit tollen Menschen, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind? Erzähl uns doch mal davon.

Gerade die Pleiten und Pannen mit meinem Toyo haben mir viele wunderbare Begegnungen beschert. Meine erste Panne hatte ich kurz nachdem ich losgefahren bin und mir mitten im Busch auf einer kleinen Nebenpiste mein Keilriemen gerissen ist. Panik hoch drei. Aber gleich das erste Auto das vorbei kam, ein Safariwagen mit Gästen und einem Fahrer, hielt an und der Fahrer versuchte sofort mir zu helfen. Da habe ich zum ersten Mal erfahren, dass es immer irgendwie Hilfe gibt. Das setzte sich über meine gesamte Reise bis jetzt fort. Mentaler und praktischer Beistand ist ganz wichtig beim Alleinreisen und oft sind es die Menschen, denen man unverhofft begegnet, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Und ich treffe natürlich viele andere Reisende, auch hier haben sich schon wunderbare langjährige Freundschaften ergeben. Das sind die Menschen mit denen man auf einer Wellenlänge schwingt. Es gibt immer viel zu erzählen und auszutauschen. Das ist die Würze des Reisens und das Quäntchen Salz in der Suppe. Ganz besonders freue ich mich über andere solo reisende Frauen, es werden immer mehr und bald sind wir eine starke Gemeinschaft.

Du meisterst deinen Reisealltag und alle kleinen und großen Problemchen wunderbar allein. Allein unterwegs zu sein hat immer Vor- und Nachteile. Hast du dir schon mal einen Reisepartner gewünscht, der dir ein bisschen was abnimmt?

Ich müsste lügen, wenn ich dazu Nein sagen würde. Ich war ja lange Jahre mit Lebenspartnern unterwegs und weiß welch grosse Potenzierung ein gemeinsamer Lebensplan mit sich bringt, gerade bei so einem aussergewöhnlichen Lebensstil. Gemeinsam gegen den Rest der Welt kommt dem schon nahe. Man setzt zusammen ein Leben durch und um, wovon viele nur träumen.

Die Verantwortung für alles alleine zu tragen und jede Entscheidung mit sich selbst abzumachen ist nicht leicht für mich, aber auf der anderen Seite habe ich jetzt eine so grosse persönliche Freiheit, die mir sehr wichtig ist.

Ich hab mir das Reisen mit meinem ersten Partner erobert und mit meinem zweiten habe ich es verfeinert. Mein Ex war Automechaniker und Off-Roader, ich musste mich nie um technische Dinge kümmern, nie schwierige Streckenabschnitte als Fahrer abschätzen und bewältigen. Gerade deswegen und weil ich fast 40 Jahre lang nur „gemeinsam“ unterwegs war, konnte ich die Erfahrungen sammeln, auf denen meine Alleinreise nun aufbaut.

 

Das Wunderbare daran ist, dass ich jetzt gefühlsmäßig ganz stark MEIN AFRIKA erlebe und erobere. Es komplementiert mich auf eine Weise, die mir eine grosse Zufriedenheit beschert und die Freiheit, die ich bewusst geniesse. Sicher gibt es irgendwo diesen Menschen, egal ob Mann oder Frau, mit dem ich wieder gemeinsam etwas aufbauen würde, aber bis jetzt ist mir niemand begegnet und es geht mir gut so wie es ist. Wieder nach meinem oben aufgeführten Motto, die Alternative wäre für mich nur NICHT zu reisen oder lange zu warten auf etwas das unsicher ist und das man nicht herbeizaubern kann und das ist keine Alternative.

Dein Toyota ist ja ein relativ kleines Reisemobil. Was machst du, wenn es mal länger regnet? Reicht dir der Platz in dem Auto oder könntest du dir vorstellen mit einem größeren Gefährt zu reisen?

Alles zu seiner Zeit und wo es passt.

Ein grösseres Gefährt ist gut, wenn man mit Wetter Unwägbarkeiten, Kälte oder Regen kämpfen muss. Für Europa, den gesamten Osten, Südamerika ok. Aber für Europa habe ich ja meinen Hymer…
In Afrika und Australien kann man dem Regen und schlechten Wetter ausweichen und die interessanten Pisten und Wege sind nun mal für Kleinfahrzeuge gemacht. Deshalb hier nur ein kleineres Fahrzeug.

Mit zunehmendem Alter kann ich mir hier in Afrika und auch in Australien allerdings schon einen Geländerwagen mit einer kleinen Wohnkabine drauf vorstellen. Aber da es im Moment nicht im Bereich meiner Möglichkeiten liegt, stehe ich zu meinem geliebten Toyo, der im Übrigen sehr praktisch eingerichtet ist.

Und noch komm ich raus und rein in mein gemütliches Schlaf- und Wohnzimmer in einem.

In deinem Facebook Profil nennst du dich Lilli Pilli. Wie kam es zu dem Spitznamen?

Tja, Lilli Pilli.
Ich fing 2012 nach meiner Trennung an mit Facebook. Bis dato war ich nie öffentlich zu sehen gewesen. Ich erstellte und pflegte zwar die Webseite unserer Firma und die persönliche Facebook Seite meines Ex, aber selbst stand ich immer als „starke Frau“ im Hintergrund eines starken Mannes. Damit musste Schluss sein, ich wusste irgendwie ich muss sichtbar werden, für mich selbst und für die Welt da draussen, als Persönlichkeit, als eigener Mensch, denn ich hatte ja nur noch mich. Mich damals mit meinem richtigen Namen zu zeigen, fand ich suspekt. Da fiel mir dieser alte Spitzname wieder ein.

Mein erlernter Beruf ist Pharmazeutisch-Technische-Assistentin und als ich in den Siebzigern meine Ausbildung machte, lernten wir noch Pillen zu drehen. Und in meiner allerersten Apotheke, die noch sehr konservativ und althergebracht arbeitete, durfte ich dann als talentierter Frischling von der Schule alle Pillen herstellen, die damals dort noch verkauft wurden. Schnell war der Spitzname „Lilli Pilli“ macht die Pillen geboren.

Kam mir gerade recht für Facebook, nur als ich den Namen eintrug, merkte ich, hoppla, es gibt ja schon ganz viele Lilli Pilli. Kein Wunder geht er doch wie ein Zuckerstück über die Zunge. Ich wusste, dass es in Australien einen Ort mit dem Namen Lilli Pilli gibt und unter dessem Ortsschild ist auch mein langjähriges Profilbild entstanden. Da musste ich mich eben mit Lilli Pilli Nummer 94 abfinden, was nicht schlecht ist, denn der Name ist ein gutes Wiedererkennungszeichen. Oft werde ich angesprochen, du bist doch Lilli Pilli – na das ist doch perfect, oder.

Und da ich seitdem zu einer Art Social Media Junkie geworden bin, engagiere ich mich auch in diversen Reisegruppen. Der Titel eurer Gruppe „Hippie-Busse und Selbstausbauer“ hat mich getriggert, denn heute darf ich MEINER Kreativität freien Lauf lassen und finde die eine oder andere Idee zum Auf- und Ausbau einfach spannend. Und gebe natürlich auch gerne Tips weiter.

Was sind deine Zukunftspläne? Wo ist das Ziel deiner jetzigen Reise und was kommt vielleicht als nächstes?

Zukunftspläne: Hmm, im Moment möchte ich einfach so weitermachen wie bisher, ich liebe diese Art, als Vagabund zu leben und kann mir noch nichts anderes vorstellen. Wie lange ich es noch machen kann ist unsicher, meine Ersparnisse reichen vielleicht noch bis zu meiner mageren Rente mit 67, aber von dieser werde ich nicht leben können, zu unstet und zu viel auf Reisen war ich in meinem Leben. Auf der anderen Seite ist dann immer noch Zeit genug, sich Gedanken zu machen und eine andere Lebensgrundlage zu finden. Zuviel Menschen in meinem Alter sterben, bevor sie richtig gelebt und sich ihre Träume erfüllt haben. Ich tue es jetzt und suche nach einer Alternative, wenn es soweit ist.
Ich hatte mal einen Blog angefangen, aber als mir so ziemlich am Anfang meiner Reise mein Laptop mit allen Zugangsdaten gestohlen wurde, habe ich die Webseite nicht mehr weiter gepflegt. Wer schauen will kann das gerne tun auf www.inspiration-reisen.de. „Über Mich“ ist ja immer aktuell. Mein Zukunftsprojekt entsteht dann aber auf www.lilli-to-go.com.
Auf der alten Webseite habe ich auch einige „Berufungsideen“ angeschnitten, die mir immer noch im Kopf rumschwirren. „Travel-Coach“ ist eine davon, ich habe sehr viel Reiseerfahrung speziell für „Selbstfahrer“, konnte diese ja schon in meiner Zeit als Expeditions Fahrzeug Firmen Teilhaber erfolgreich als Beraterin mit einbringen.
„Reise Freundin“ ist eine andere Idee. Ich möchte vor allem andere alleinstehende Frauen speziell in meinem Alter dazu inspirieren und animieren, ihre Reiseträume zu verwirklichen. Viele müssen glaube ich, einfach nur an die Hand genommen werden um die ersten Schritte gemeinsam anzugehen. Das stelle ich mir ganz praktisch vor, indem ich ein 1:1 Coaching anbiete, bei dem wir gemeinsam eine kurze Reise planen und umsetzen. Denn ist man erst mal auf der richtigen Schiene, klappt alles andere auch. Das würde ich natürlich vorzugsweise in Afrika machen, nach dem Motto, den schwierigsten Reisekontinent zuerst…
Aber momentan stelle ich das alles noch in den Hintergrund und beschäftige mich mit der Vervollkommnung meiner Reisepersönlichkeit, was mich sehr befriedigt, stärker und unabhängiger macht. Was immer sich daraus ergibt, wird man sehen.
Diese Reise werde ich im Frühjahr 2020 beenden, meine Krankenversicherung läuft dann aus. Für einen Neuabschluss muss ich nach Deutschland zurück. Dort werde ich den Sommer geniessen und dann hoffentlich so schnell wie möglich wieder los…

Gibt es etwas, dass du anderen Reisenden mit auf den Weg geben möchtest? Einen besonderen Tipp oder einen Rat vielleicht?

Ich kann nur jedem raten, alles daran zu setzen, den ersten Schritt zu tun. Der ist der Schwerste. Wenn man aber mal einen Entschluss gefasst hat und dieses Ziel konstant im Auge behält, dann fügen sich viele Dinge zueinander. Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten abbauen, Kosten reduzieren. Das mag alles nicht von heute auf morgen gehen, aber irgendwann ist es soweit. Lasst es nur nicht zu spät werden, denn das Leben ist kurz…
Ich habe zum Beispiel lange gespart, um so leben zu können. Es kam dann viel Glück, aber auch Rückschläge finanzieller Art hinzu, aber im Endeffekt hat mich meine Reiseleidenschaft und mein Dickschädel dort hin gebracht wo ich heute stehe.
Und es reicht, eine Kleinigkeit umzusetzen, zB einen Mietvertrag nicht mehr zu verlängern als Zwang nun in ein mobiles Heim ziehen zu müssen. Der Weg zeigt sich wenn man ihn geht und jede Reise startet mit dem ersten Schritt, um es mit den Philosophen zu sagen …